Von der Freiheit eines Blogger-Menschen

Zu Beginn der 70-er Jahre lebte ich in einer Wohngemeinschaft in Hamburg. Der tägliche Weg zur Uni führte am Schaukasten einer religiösen Sekte vorbei. Sie warb dort für ein Druckwerk namens „Die Stimme des Herrn“. Die Vereinigung meinte also, dass der Allmächtige selbst seinen Willen in dieser Publikation kund tat. Uns WG-lern war durchaus bewusst, dass es sich nicht gehört, über den Glauben anderer zu lachen, mag dessen Anspruch noch so vermessen sein. Und auch dieses Grüppchen verlangte, ernst genommen zu werden. Gewaltigeres als „Die Stimme des Herrn“ gab es aus seiner Sicht auf Erden nicht.

Was meinen lieben WG-Freund und Mentor Jürgen Kasiske jedoch zu nachhaltigen Kicheranfällen verleitete, war der Hinweis zum Wann und Wie der nächsten Ausgabe. Natürlich benötigt eine Publikation von höchstem Anspruch auch eine richtige Erscheinungsweise. Das verlangen zudem die Gesetze der sündigen Welt, in diesem Fall ein Paragraf des hamburgischen Pressegesetzes. Andererseits aber wird sich der Höchste solchen von Menschen gemachten Vorschriften nicht einfach unterwerfen. Daher machte „Die Stimme des Herrn“ mit einem donnernden Untertitel auf: „Die Stimme des Herrn erscheint nicht periodisch, sondern jeweils nach dem Willen des Herrn“.

Was nun dies Weblog anbelangt: Es spiegelt eher eine subjektive Wahrnehmung wider, die sich um Objektivität bemüht. Und sein Publikations-Takt? Fast ein halbes Jahr kamen die Beiträge mehrfach die Woche, arbeitsintensiv, zum Teil richtig exklusiv, wenn ich das so sagen darf. Dann gab es ein ganzes Jahr nichts.

Der HErr, so es ihn gibt, trägt daran keine Schuld. Grund ist vielmehr, dass hier keine Institution bloggt, sondern ein Einzelwesen mit dem Recht auf Willkür in persönlichen Dingen. Es meldet sich mit diesem Wort zum Neuen Jahr zurück.

Mal sehen, was dann kommt.

Ihr
Michael Weisbrodt

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