Die Rache der Geschiedenen

Nach zwei neuen Urteilen bietet die steuerliche Veranlagung noch bessere Ansätze für nachträgliche Gemeinheiten zwischen früheren Ehepartnern.

Das erste – und gerade veröffentlichte – Urteil: Ein Ehepaar hatte in guten Zeiten – das war 1982 und 1983 – ein gemeinsames steuerpflichtiges Einkommen von Null Mark erzielt. Gute Zeiten? Tatsächlich, denn zumindest auf Seiten des Ehemanns stand hinter der gemeinsamen Null ein positives Einkommen von 81 779 DM für 1982 und von 121 122 Mark für 1983.

Das stellte sich heraus, nachdem 1986 die Scheidung erfolgte. Drei Jahre später – 1989 – beantragte die Ex-Gattin nämlich rückwirkend die getrennte Veranlagung für 1982 und 1983. Das Finanzamt weigerte sich zunächst, diesem Antrag zu folgen. Doch 1996 setzte sich die Frau beim Finanzgericht Nürnberg durch. Sie selbst erhielt für die Jahre 1982 und 1983 zwei Steuerbescheide auf Null Mark, der frühere Ehemann auf Einkommen von 81779 und von 121122 Mark.

Als das Urteil zugunsten einer getrennten Veranlagung fiel war, war der Steuerbescheid des Ex-Gatten eigentlich längst unanfechtbar geworden. Mit der Entscheidung III R 48/03 hat der Bundesfinanzhof nun festgestellt, dass diese Änderung im Bescheid der Frau als „rückwirkendes Ereignis“ auch den Steuerbescheid des Mannes berührt. Und dieses Ereignis ist nach Paragraf 175 der Abgabenordnung geeignet, dessen längst abgeschlossenen Bescheid wieder zu öffnen. Er wurde nun rückwirkend getrennt veranlagt und muss im Jahr 2005 hohe Steuern für 1982 und 83 nachzahlen.

Der 3. Senat des Bundesfinanzhofs bezieht sich mit dieser Entscheidung auf einen eigenen – vorhergehenden – ähnlich grausamen Richterspruch. Den hatten die Richter nicht einmal auf die Liste der Urteile gesetzt, die sie amtlich veröffentlichen. Was bedeutet, dass die Sache für sie keine grundsätzliche Bedeutung hatte. Oder – noch umgangssprachlicher formuliert –, dass der Spruch eigentlich nichts Neues bringt. Tatsächlich?

In dem anderen Urteilsfall ging die gemeinsame Veranlagung der beiden Geschiedenen ebenfalls auf Antrag der Ex-Frau zu Bruch. Und auch in diesem Fall kam es dazu erst , nachdem sie sich damit beim Finanzgericht durchgesetzt hatte. Die Möglichkeit hatte sich für die Frau eröffnet, weil sie aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nachträglich höhere Kinderfreibeträge für 1985 erhielt. Das hatte der Gesetzgeber Ende 1991 so beschlossen. Es handelte sich dabei um eigene Kinder nur der vormaligen Gattin. Und doch gab ihr diese Situation Gelegenheit, nachträglich für 1985 für sich selbst die getrennte Veranlagung zu beantragen. Das bewirkte, dass das Amt auch den Bescheid des Mannes änderte. Die dagegen gerichtete Klage des geschiedenen Ehemanns wies das Finanzgericht ab. In diesem März scheiterte dann auch seine Revision beim Bundesfinanzhof (Aktenzeichen III R 22/02). Im Internet ist das Urteil leicht über die Suchmaschinen zu finden (das Aktenzeichen in Anführungszeichen schreiben!). Diverse Rechtsanwälte und Steuerberater stellen es dort kostenlos zur Verfügung.

© Michael Weisbrodt

Zu den Entscheidungen, die der Bundesfinanzhof am 28. September veröffentlicht hat
Übersicht
I R 107/04: „Keine Rücksicht auf die Verluste“
II R 62/03: „Erbschaftsteuerrichtlinien gesetzwidrig“
III R 48/03 Die Rache der Geschiedenen
III R 66/04 Ein Kindergeldurteil, dass sich selbst widerspricht
VII B 244/04 Pflichtverstoß ohne Vermögens-Schaden?
VIII R 71/04 Steuerpflicht für die Nachspielzeit
X R 22/02 Prima Erfindung, bitteres Ende
XI R 61/04 Vergebliche Werbungskosten voll anerkannt

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