Umsatzsteuer für gütliche Einigung

Eine Anwaltssozietät hatte mit einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis einen Beratervertrag abgeschlossen. Die Anwälte erhielten jährlich pauschal 250000 Mark. Die Ärzte wollten diesen Vertrag vorzeitig beenden, weil sie sich untereinander zerstritten hatten und sich voneinander trennen wollten. Ohne gütliche Einigung hätte es wohl eine massive gerichtliche Auseinandersetzung gegeben, an deren Ende den Anwälten ein Anspruch auf Schadenersatz zugestanden hätte.

Aber auf diesen gerichtlichen Weg verzichteten beiden Seiten. Die Ärzte hatten damit gedroht, andernfalls in ihrem Umfeld auf die renitenten Rechtanwälte aufmerksam zu machen. Für die wäre das offensichtlich ziemlich schädlich gewesen, weil die anwaltliche Arztberatung einen überschaubaren Markt bildet. Da kennt jeder jeden.

Statt dessen fanden beide Seiten nach harten Verhandlungen eine andere Lösung: eine Auflösungsvereinbarung, die den Rechtsanwälten einen einmaligen „Schadenersatz“ von 450000 Mark zusprach. Die Rechtsanwälte hielten diesen Schadenersatz für umsatzsteuerfrei und setzten sich damit beim Hessischen Finanzgericht in Kassel durch. Das Finanzamt legte dagegen Revision ein und berief sich auf diverse Urteile des Europäischen Gerichtshofs. Die Anwälte widersprachen. Auch sie beriefen sich auf EuGH-Entscheidungen.

Der Bundesfinanzhof gab schließlich dem Finanzamt Recht. Bei den 450000 Mark habe es sich überhaupt nicht um einen Schadenersatz gehandelt. Vielmehr hätten die Anwälte „gegen Entgelt“ auf eine „Rechtsposition verzichtet“. Das gehe daraus hervor, dass sich beide Seiten gütlich und ohne Gerichtsprozess geeinigt hatten. Die „Zustimmung zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags“ im Austausch gegen einen Geldbetrag sei eine steuerpflichtige „sonstige Leistung“ gewesen (Urteil vom 7. Juli 2005, Aktenzeichen V R 34/03).
© Michael Weisbrodt

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