Prima Erfindung, bitteres Ende

Ein tragischer Fall: Der findige Ingenieur macht mit seiner Entwicklung gutes Geld. Und dann verheddert er sich unversehens in den Fallstricken des ganz normalen Steuerrechts.

1988 ließ sich der Ingenieur „K.“ eine Erfindung patentieren. Parallel gründete er eine GmbH. Die Geschäftsanteile behielt er im Alleineigentum. Dieser GmbH übertrug er die Verwertungsrechte seiner Erfindung, Die GmbH musste ihm dafür Lizenzgebühren von 7 Prozent aller Umsätze bezahlen, die sie mit der Erfindung erzielten. Die Geschäfte liefen prächtig an, und die GmbH machte ihre Hauptumsätze mit der Erfindung. Inzwischen war „K.“ Alleingesellschafter einer weiteren GmbH geworden und übertrug ihr seine Geschäftsanteile an der ersten GmbH. Dadurch wurde die alte GmbH Tochterunternehmen der neuen. Kurz darauf verkaufte er die komplette Erfindung für 13 Millionen Mark an die alte Firma. Und 1992 dann verkaufte er beide GmbHs inklusive Erfindung für 48 Millionen Mark an ein fremdes Unternehmen. Prima Geschäft?

Was „K.“ nicht bedacht hatte: Schon ganz zu Anfang hatte er – ohne das Geringste davon zu ahnen -, eine „Betriebsaufspaltung“ verwirklicht. Diese tückische Rechtsform schnappt fast immer zu, wenn eine Person oder wenn mehrere Personen sowohl die Mehrheit der Geschäftanteile an einer GmbH besitzen als auch die wesentliche wirtschaftliche Grundlage, auf deren Basis die GmbH tätig ist. Diese Grundlage war im vorliegenden Fall die Erfindung. Als „K.“ seine Erfindung an die GmbH verkaufte, war er der Meinung, dass sich das Patent ganz in seinem Privateigentum befindet. Doch indem er unbedacht eine Betriebsaufspaltung realisiert hatte, war die Erfindung jetzt Eigentum einer Einzelfirma des „K.“ geworden – von deren Existenz er bis dahin vermutlich nicht das Geringste wusste.
Ohne Betriebsaufspaltung hätte er seine Erfindung nach einiger Zeit völlig steuerfrei privat verkaufen können. Und die GmbH ebenfalls. Doch mit der Betriebsaufspaltung gehörte das Patent jetzt zum Betriebsvermögen der Einzelfirma.

Die Übertragung auf die erste GmbH zu einem Preis deutlich unterhalb des anschließenden Verkaufserlöses wertete das Finanzamt als „verdeckte Einlage“ eines Kapitals in die zweite GmbH. Folge: Der Transfer führte zur steuerpflichtigen Aufdeckung der stillen Reserven, also der Differenz zwischen dem ursprünglichen Wert und dem späteren Verkaufserlös des Patents. Daran konnten auch die Klage beim Finanzgericht und die Revision zum Bundesfinanzhof nichts mehr retten: Der Ingenieur – er befindet sich inzwischen im Konkurs – muss richtig hohe Steuern nachzahlen (Aktenzeichen X R 22/02). Da er an der neuen GmbH zwischenzeitig auch seine Frau beteiligt hatte, ereilte die Katastrophe schließlich auch sie.

© Michael Weisbrodt

Zu den Entscheidungen, die der Bundesfinanzhof am 28. September veröffentlicht hat
Übersicht
I R 107/04: „Keine Rücksicht auf die Verluste“
II R 62/03: „Erbschaftsteuerrichtlinien gesetzwidrig“
III R 48/03 Die Rache der Geschiedenen
III R 66/04 Ein Kindergeldurteil, dass sich selbst widerspricht
VII B 244/04 Pflichtverstoß ohne Vermögens-Schaden?
VIII R 71/04 Steuerpflicht für die Nachspielzeit
X R 22/02 Prima Erfindung, bitteres Ende
XI R 61/04 Vergebliche Werbungskosten voll anerkannt

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