Landwirte erhalten neues Privileg

Mit einem heute veröffentlichten Erlass hat das Bundesfinanzministerium den Landwirten einen neuen Steuervorteil zugebilligt. Viel spricht dafür, dass das neue Privileg nicht mit EU-Recht übereinstimmt. Der gerade per Internet verbreitete Text soll binnen Kurzem im Bundessteuerblatt stehen. Er weist die Finanzbeamten an, ein sehr bauernfreundliches Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Dezember 2001 allgemein anzuwenden (BFH-Aktenzeichen V R 43/00). Das Problem: Der BFH selbst hatte bereits darauf hin gewiesen, dass sein Urteil Landwirte vermutlich besser behandelt, als die EU-Richtlinien erlauben.

Kleinere Landwirte genießen in Deutschland zwei Steuervorteile:

  • Sie müssen nicht ihr tatsächliches Einkommen ermitteln und versteuern. Sie zahlen Einkommensteuer nur nach „Durchschnittssätzen“. Diese Sätze tragen ihren Namen zu Unrecht, es handelt sich bei ihnen um manipulativ herabgesetzte Maßstäbe. Im Kern verwandeln sie die Einkommensteuer in eine Art Grundsteuer mit einem sehr freundlichen Steuertarif. Diese Privilegierung der Landwirte ist verfassungsrechtlich hoch umstritten, aber politisch sakrosankt (siehe Steuerdienst vom 6. September 05). Die Berechtigung, Einkommensteuer nur nach Durchschnittssätzen zu bezahlen, ist im Wesentlichen größenabhängig. Überschreitet der Betrieb den Größenmaßstab, muss er sein Einkommen per Buchführung ermitteln und unterliegt den allgemeinen Steuertarifen.
  • Zum zweiten müssen kleinere landwirtschaftliche Betriebe nicht die volle Umsatzsteuer bezahlen, sondern ebenfalls nur einen vergünstigten so genannten Durchschnittssatz.
  • Auch bei der Umsatzsteuer verlieren Landwirte ihr Privileg, sobald sie aus der entsprechenden Größenklasse herausgewachsen sind. Doch genau diese Vorschrift hat der Bundesfinanzhof vor vier Jahren mit dem Urteil eingeschränkt. Ein Landwirt, der auf seinem Hofladen in erheblichem Umfang zugekaufte Produkte vertreibt, verliert damit nicht sein Umsatzsteuerprivileg. Vielmehr bleibt dieser Vorteil für die selbst produzierten Waren erhalten, ist sogar in begrenztem Umfang auf zugekaufte Ware übertragbar. Den Bundesfinanzhof störte nicht einmal, dass sich diese Rechtsprechung offensichtlich nicht mit der entsprechenden EU-Richtlinie vereinbaren lässt. Ganz am Ende ihres Urteils stellten sich die Richter damals einfach auf den Standpunkt, dass sie die EU-Vorschrift nicht zu Lasten des klagenden Landwirts heran ziehen dürften.

    Jetzt, vier Jahre später (nach langem Bedenken, aber kurz nach dem Regierungswechsel, was auch immer das heißt), haben die obersten Ministerialbeamten entschieden, dass dies Privileg künftig für alle deutschen Landwirte gilt. Zur EU-Richtlinie steht nichts in dem Erlass.

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