Steuer auf Biosprit

Die bisherige steuerliche Förderung von Biodiesel gerät zunehmend in die Kritik. Neue Argumente dazu bringt ist eine am 1. Dezember vorgestellte Expertise der beiden Essener RWI-Forscher Manuel Frondel und Jörg Peters, die eine wachsende Besteuerung dieses Treibstoffs empfehlen. In die Diskussion schaltete sich gestern der SPD-Politiker Joachim Poß ein und umriss die Änderungen, die der Koalitionsvertrag dazu vorsieht. Mit dieser Linie sind vor allem die Landwirte nicht zufrieden. Entsprechend hatte zuvor die FDP-Bundestagsfraktion die Koalition in einer scharf formulierten Pressemitteilung der Abgeordneten Christel Happach-Kasan wegen dieser Pläne angegriffen. Die FDP-Abgeordnete ist keine Finanzpolitikerin, sondern gehört dem Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz an.

In der Einleitung der RWI-Studie heißt es:

… der stark zunehmende Einsatz von Biodiesel, welcher hauptsächlich aus Raps gewonnen wird, (führt) zwar tatsächlich zur Minderung der Treibhausgasemissionen .. . Die gesamte Ökobilanz fällt jedoch weniger klar zu Gunsten von Biodiesel aus. Schuld daran sind vor allem die für den Rapsanbau notwendigen Pestizide und Kunstdünger. Zudem stellt Biodiesel gegenwärtig bei weitem keine kosteneffiziente Möglichkeit zur Treibhausgasvermeidung dar. Umweltschutzmotive allein sind somit keineswegs ausreichend, um Steuerausfälle von gegenwärtig rund 500 Mill. Euro allein für Biodiesel zu begründen. Mit ähnlicher Skepsis müssen Beschäftigungsargumente betrachtet werden, da dauerhaft subventionierte Beschäftigung in der Landwirtschaft den Weg zu größerer ökonomischer Prosperität und somit höherer Beschäftigung verbaut.

Das RWI hat die Positionen im Volltext auf seiner Internet-Site publiziert und eine lange Pressemitteilung dazu herausgegeben (siehe unten auf dieser Seite.

Auf die dadurch aufgebrochene öffentliche Diskussion reagierte Joachim Poß, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, gestern mit einer Pressemitteilung, in der er die entsprechende Beschlusslage des Koalitionsvertrags skizziert.

Hier die Pressemitteilung des RWI:

Essen, den 1. Dezember 2005

RWI Essen: Biodiesel zunehmend besteuern

Nach einer aktuellen Studie des RWI Essen sollte die völlige Steuerbefreiung von Biodiesel abgeschafft werden. Sie lässt sich weder mit Beschäftigungseffekten, noch durch die Ökobilanz oder Gründe der Emissionsvermeidung rechtfertigen. Ebenso kritisch ist eine Beimischungspflicht für Biodiesel zu bewerten. Stattdessen sollte die Forschung im Bereich Biotreibstoffe vorangetrieben werden, damit diese zukünftig ohne spezielle Förderung am Markt bestehen können.

Biodiesel weiterhin von der Mineralölsteuer zu befreien, ist weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll. Stattdessen sollte Biodiesel in Zukunft wenigstens teilweise und zunehmend besteuert werden. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie des RWI Essen. Momentan wird auf Biotreibstoffe wie Biodiesel und Bioethanol keine Mineralölsteuer erhoben. Dies soll helfen, die unverbindlichen Quoten der EU-Richtlinie 2003/30/EC für Biotreibstoffe zu erfüllen. Demnach wird in den EU-Mitgliedstaaten für 2005 ein Biotreibstoffanteil von 2 Prozent angestrebt, bis 2010 ist ein Anteil von 5,75 Prozent vorgesehen. Bereits im Jahr 2004 verursachte die Steuerbefreiung von Biodiesel allein in Deutschland Steuerausfälle von rund 500 Millionen Euro. Zur Zeit ist Deutschland innerhalb der EU der mit Abstand größte Produzent von Biodiesel.

Die Steuerbefreiung wird neben Umwelteffekten auch mit positiven Beschäftigungseffekten in der Landwirtschaft gerechtfertigt. Aus ökonomischer Sicht hemmt diese Subventionierung jedoch den notwendigen Strukturwandel im Agrarsektor. Um den angestrebten Biodieselanteil von 5,75 Prozent zu erreichen, käme es zudem zu vermehrtem Wettbewerb um Ackerland, da der Rapsanbau erheblich ausgeweitet werden müsste. Dies könnte zu höheren Preisen für landwirtschaftlich erzeugte Nahrungsmittel führen.

Steuerbefreiung lässt sich nicht mit Ökobilanz begründen

Bei genauerer Betrachtung aller ökologischen Wirkungen zeigt sich, dass sich die Steuerbefreiung von Biodiesel auch aus der Perspektive der Umwelt nicht rechtfertigen lässt. So reduziert sich zwar der Ausstoß von Treibhausgasen gegenüber fossilem Diesel, jedoch nicht um 100 Prozent, sondern nur um einen Wert zwischen 41 und 78 Prozent. Dies liegt sowohl am geringeren Energiegehalt des Biodiesels, als auch an der energieintensiven Verarbeitung des Raps. Die große Bandbreite resultiert unter anderem daraus, ob und in welcher Höhe weiterverwertbaren Nebenprodukte der Biodieselproduktion in der Ökobilanz berücksichtigt werden.

Darüber hinaus ist Biodiesel keinesfalls eine kosteneffiziente Strategie zur Emissionsvermeidung. Mit ca. 140 bis 300 Euro pro Tonne liegen die Emissionsvermeidungskosten weit über dem mittelfristig geschätzten Preis von 30 Euro pro Tonne für CO2-Zertifikate. Biodiesel bedarf deshalb auch in Zeiten des Emissionshandels einer Förderung.

Forschung sollte intensiviert werden

Da weder ökonomische noch ökologische Motive für eine weitere komplette Steuerbefreiung von Biodiesel sprechen, fordert das RWI Essen, Biodiesel in Zukunft zumindest teilweise und zunehmend zu besteuern. Es rät hingegen davon ab, die Steuerbefreiung – wie im Koalitionsvertrag von CDU und SPD vorgesehen – durch eine Beimischungspflicht zu ersetzen. Die Mineralölwirtschaft würde die damit verbundenen Kosten voraussichtlich über höhere Dieselpreise an die Verbraucher weitergeben. Zudem würden auch in diesem Fall die Preise für landwirtschaftlich erzeugte Nahrungsmittel steigen, da der ausgedehnte Rapsanbau eine Konkurrenz um Ackerflächen zur Folge hätte.

Begrüßt wird vom RWI Essen hingegen die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Absicht, Forschung und Entwicklung bei nachwachsenden Rohstoffen voranzubringen. Auf diese Weise könnten auf längere Sicht Biotreibstoffe entwickelt werden, die auch ohne Steuerbefreiung oder Beimischungspflicht am Markt bestehen könnten.

Ihre Ansprechpartner dazu: Dr. Manuel Frondel Tel.: (0201) 8149-204
Sabine Weiler (Pressestelle) Tel.: (0201) 81 49-213

Dieser Pressemitteilung liegt die RWI : Position #4 mit dem Titel „Biodiesel: Nicht nur eitel Sonnenschein“ zugrunde. Sie ist dieser mail als pdf-Datei angehängt sowie unter www.rwi-essen.de/positionen als pdf-download erhältlich.

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