Archive for November, 2005

Landwirt müsste man sein

Mittwoch, November 30th, 2005

Landwirte dürfen Ferienwohnungen noch bis Ende kommenden Jahres zu einem günstigeren Umsatzsteuertarif vermieten als andere Vermieter. Jedenfalls, sofern die Größenordnung ihres Betriebs erlaubt, dass sie Steuern für ihre eigentlichen landwirtschaftlichen Erlöse nur nach Durchschnittssätzen bezahlen.

Mit einem zweiten eben per eMail versandten Schreiben hat das Bundesfinanzministerium nämlich einen so genannten Nichtanwendungserlass zugunsten landwirtschaftlicher Betriebe (mehr …)

Landwirte erhalten neues Privileg

Mittwoch, November 30th, 2005

Mit einem heute veröffentlichten Erlass hat das Bundesfinanzministerium den Landwirten einen neuen Steuervorteil zugebilligt. Viel spricht dafür, dass das neue Privileg nicht mit EU-Recht übereinstimmt. Der gerade per Internet verbreitete Text soll binnen Kurzem im Bundessteuerblatt stehen. Er weist die Finanzbeamten an, ein sehr bauernfreundliches Urteil des Bundesfinanzhofs vom 6. Dezember 2001 allgemein anzuwenden (BFH-Aktenzeichen V R 43/00). Das Problem: Der BFH selbst hatte bereits darauf hin gewiesen, dass sein Urteil Landwirte vermutlich besser behandelt, als die EU-Richtlinien erlauben.

Kleinere Landwirte genießen in Deutschland zwei Steuervorteile:

  • Sie müssen nicht ihr tatsächliches Einkommen ermitteln und versteuern. Sie zahlen Einkommensteuer nur nach „Durchschnittssätzen“. Diese Sätze tragen ihren Namen zu Unrecht, es handelt sich bei ihnen um manipulativ herabgesetzte Maßstäbe. Im Kern verwandeln sie die Einkommensteuer in eine Art Grundsteuer mit einem sehr freundlichen Steuertarif. Diese Privilegierung der Landwirte ist verfassungsrechtlich hoch umstritten, aber politisch sakrosankt (siehe Steuerdienst vom 6. September 05). Die Berechtigung, Einkommensteuer nur nach Durchschnittssätzen zu bezahlen, (mehr …)
  • Nachtrag zum Lehrstück

    Mittwoch, November 16th, 2005

    Soeben rief Kurt Otto an, der Pressesprecher des Verlags Gruner + Jahr.

    Ich hatte ihn mittags befragt, wie G+J eine Person zum Chef der Zeitschrift Capital befördern kann, der die überfällige (mehr …)

    Wie G+J unseriösen Journalismus abstraft

    Mittwoch, November 16th, 2005

    Ein Lehrstück aus gegebenem Anlass

    Die Kölner Zeitschrift Capital aus dem Verlag Gruner + Jahr hat im vergangenen Jahr eine Missbilligung des Deutschen Presserats erhalten, weil das Magazin in Heft 11/2004 einen mangelhaften Finanzämter-Test mit zweifelhaften Schlussfolgerungen veröffentlicht hatte.

    Capital war viele Jahre das Flaggschiff unter den deutschen Wirtschaftsmagazinen. Da wollte das Begleitboot aus demselben Verlag, die Kölner Unternehmerzeitschrift impulse, nicht nachstehen. Sie veröffentlichte im April-Heft ebenfalls einen Test aller deutschen Finanzämter. Es gelang ihr spielend, Capital zu übertrumpfen. Statt einer Missbilligung verhängte der Presserat im September eine Rüge gegen das Magazin.

    Das ist die härteste Sanktion, welche die Satzung des Presserats vorsieht. Die Zeitschrift ist verpflichtet, eine solche Rüge – im Gegensatz zur einfachen Missbilligung – im Redaktionsteil (mehr …)

    Vor einer sensationellen Wende beim EuGH?

    Donnerstag, November 10th, 2005

    Ein heute von Generalanwalt Antonio Tizzano vor dem Europäischen Gerichtshof präsentierter Entscheidungsvorschlag stellt einen nur von wenigern Insidern erwarteten wichtigen Etappensieg für Deutschland dar. Ausnahmsweise darf dabei das Wort „sensationell“ fallen. Tizzano schlägt vor, die Rückwirkung des bislang vermutlich teuersten EuGH-Urteils aller Zeiten, des Manninen-Urteils, auf den 6. Juni 2000 zu beschränken, und nicht auf das Jahr 1977 auszudehnen. Damals hatte Deutschland sein Körperschaftsteuerrecht zum vorletzten Mal grundlegend reformiert.

    Perfekt wäre die Überraschung, wenn der EuGH dem Vorschlag des Generalanwalts in seinem Urteil folgt. In diesem Fall dürften sich die gegen Deutschland gerichteten Erstattungsansprüche deutscher Aktionäre ausländischer Aktiengesellschaften im überschaubaren Rahmen von nur fünf Milliarden Euro halten. Folgt das Gericht dem Generalanwalt nicht, wäre der deutsche Fiskus vollständig überfordert.

    Erstmals in der Geschichte des EuGH steht jetzt zu erwarten, dass dieses Gericht die zeitliche Rückwirkung eines steuerrechtlichen Grundsatzurteils massiv begrenzt. Ob sich diese Entscheidung dann auf weitere Themenfelder ausdehnen ließe, ist offen. Der Generalanwalts versteht seinen Antrag jedenfalls als große Ausnahme, die er allerdings fiskalisch begründet, nämlich mit (mehr …)

    Verheiratete von Zweitwohnungssteuer befreit

    Donnerstag, November 10th, 2005

    Das Bundesverfassungsgericht hat heute Vormittag eine Entscheidung gegen die Zweitwohnungssteuer bekannt gegeben. Danach sind die kommunalen Vorschriften (die „Zweitwohnungsteuersatzungen“) der beiden Städte Hannover und Dortmund nichtig , soweit sie Verheiratete betreffen, die nicht dauernd getrennt leben und deren gemeinsame Wohnung sich in einer anderen Gemeinde befindet.

    Die Entscheidung und die Pressemitteilung hat das Gericht im Internet (mehr …)

    Verrenkungen des Sachverständigenrats

    Donnerstag, November 10th, 2005

    Gestern präsentierte der Sachverständigenrat (SVR) vor der Bundespressekonferenz sein Jahresgutachten 2005/06. Bezüglich der aktuellen Koalitionsverhandlungen stellte er sich dabei auf den sehr wackeligen Standpunkt, dass die künftige Bundesregierung die nächsten Konsolidierungsschritte auch ohne Steuererhöhungen schaffen müsste. Er legte zur Untermauerung im Kapitel 1 des Gutachtens eine tabellarische Liste „kurzfristiger Konsolidierungsmaßnahmen“ und der daraus resultierenden „Mehreinnahmen im Jahr 2006“ vor.

    Als ziemlich decouvrierend empfand ich die Antwort des SVR-Vorsitzenden Bert Rürup auf meine Frage, wie die Sachverständigen (mehr …)

    Staatsknete für die Staatskasse?

    Montag, November 7th, 2005

    Nach der Wende in Ostdeutschland hat die Bundesrepublik hohe Subventionen gezahlt, um Investitionen in die neuen Länder zu locken. Oft jedoch beklagten sich Unternehmen, dass solche Hilfen verpuffen, weil bürokratische Hürden den Effekt zunichte machten. Der Bundesfinanzhof hat jetzt –14 Jahre nach einem solchen Konflikt – ein Finanzamt ausgebremst, das sich 1991 einen Teil der ausgezahlten Subvention gleich wieder unter den Nagel reißen wollte. Neue Informationen gibt es auch bezüglich der Investitionszuschüsse für den Aufbau eines ostdeutschen Tankstellennetzes (siehe Extra-Beitrag „Neues zur Tankstellen-Subvention“).

    Das neue Subventions-Urteil betrifft die staatliche Hilfe für eine spezielle industrielle Investition in Mecklenburg-Vorpommern. Die Begründung, mit der sich das Finanzamt einen Teil dieses Zuschusses zurück holen wollte, hat die Qualität eines klassischen Schildbürgerstreichs (mehr …)

    Neues zur Tankstellen-Subvention

    Montag, November 7th, 2005

    derSteuerdienst berichtete Mitte Oktober über zwei Urteile des BFH zu Subventionen in den neuen Ländern. Zwei Mineralölgesellschaften müssen demnach Zuschüsse herausgeben, welche sie in Form von Investitionszulagen für den Aufbau ihres ostdeutschen Tankstellennetzes bezogen hatten (siehe „Ölkonzerne müssen Subventionen zurückzahlen“).

    Alle Behörden-Anfragen des Steuerdiensts über die Hintergründe der beiden Prozesse stießen zunächst auf die übliche Auskunftsverweigerung, die immer zu erwarten ist, wenn das Steuergeheimnis eine Rolle spielt. Doch weitere Recherchen führten schließlich zu dem Ergebnis, dass es sich bei den prozessierenden Konzernen um ExxonMobil und um die Deutsche Shell handelte. Beide Konzerne bestätigten (mehr …)